Initial Coin Offering (ICO) oder Initial Token Offering (ITO)
Durch ein ICO oder ITO beschafft sich ein Unternehmen Kapital für ein bestimmtes unternehmerisches Vorhaben. Die Geldgeber erhalten im Gegenzug Blockchain-basierte Coins / Token. Die mehrwertsteuerliche Beurteilung hängt davon ab, wie ein ICO / ITO ausgestaltet ist und welche Rechte die ausgegebenen Coins / Token dem Inhaber gewähren. Gemäss Entwurf zur Anpassung der MWST-Info 04 wird dabei zwischen drei Grund-Arten von Coins / Token unterschieden:
Payment Token haben den Zweck, als Zahlungsmittel zu dienen. Sofern dies der einzige Zweck ist, werden solche Payment Token den gesetzlichen Zahlungsmitteln gleichgestellt. Die Verwendung von solchen Payment Token zur „Bezahlung“ einer Leistung gilt als Entgelt und nicht etwa als Tauschgeschäft für eine Gegenleistung. Die Höhe des Entgelts entspricht dem Marktwert der Leistung im Zeitpunkt der Leistungserbringung. Werden Payment Token mit gesetzlichen Zahlungsmitteln gekauft oder verkauft, ist dies ein mehrwertsteuerlich nicht relevanter Austausch von Zahlungsmitteln, vergleichbar mit dem Kauf oder Verkauf von Fremdwährungen.
Wird dabei eine Kommission erhoben, ist diese Kommission ein von der Mehrwertsteuer ausgenommener Umsatz im Finanzbereich.
Nicht von der Mehrwertsteuer ausgenommen ist jedoch der Betreiber einer Handelsplattform für Kryptowährungen: die Zurverfügungstellung eines technischen Marktplatzes für Kryptowährungen stellt eine Dienstleistung dar, welche der Mehrwertsteuer unterliegt, wenn der Empfänger in der Schweiz ansässig ist. Das gleiche gilt für Anbieter von sogenannten Wallets (elektronische Geldbörse für Kryptowährungen): Die gegen Entgelt erbrachte Aufbewahrung / Verwahrung von Kryptowährungen auf elektronischen Speichermedien unterliegt der Mehrwertsteuer, wenn der Empfänger dieser Dienstleistung in der Schweiz ansässig ist.
Utility Token berechtigen zum Bezug einer Leistung, welche vom Herausgeber des Utility Token definiert wird. Die Ausgabe von Utility Token stellt in der Regel eine Dienstleistung dar und ist steuerbar, wenn der Empfänger Sitz in der Schweiz hat. Sofern die dem Utility Token zugrunde liegende Leistung von der Mehrwertsteuer ausgenommen ist, ist jedoch auch die Ausgabe des Utility Token von der Mehrwertsteuer ausgenommen.
Asset Token geben dem Inhaber einen Anspruch auf eine Beteiligung am Gewinn, am Umsatz oder einen Anspruch auf derivative Rechte oder Ähnliches. Die Ausgabe von solchen Asset Token wird als Umsatz im Zusammenhang mit Wertrechten und Derivaten qualifiziert, welcher von der Mehrwertsteuer ausgenommen ist.
Mining von Kryptowährungen
Beim sogenannten Mining wird Rechenleistung zur Verarbeitung von Kryptowährungs-Transaktionen zur Verfügung gestellt. Dabei werden neue Einheiten einer Kryptowährung erzeugt. Der „Miner“ erhält dabei einerseits einen Block-Reward. Die Abgeltung mit einem solchen Block-Reward begründet kein Leistungsverhältnis und unterliegt somit nicht der Mehrwertsteuer (mangels bestimmbarem Leistungsempfänger). Andererseits erhält der „Miner“ auch eine Transaktionsgebühr, welche unmittelbar mit der Überweisung einer bestimmten Einheit der Kryptowährung zusammenhängt. Es handelt sich deshalb um einen von der Mehrwertsteuer ausgenommenen Umsatz im Finanzbereich.
Abrechnung der Mehrwertsteuer
Wird das Entgelt für mehrwertsteuerpflichtige Leistungen durch Kryptowährungen bezahlt, ist dieses Entgelt in eine gesetzliche Währung umzurechnen. Bei Rechnungen in Kryptowährungen ist das Entgelt für die Leistung und der MWST-Betrag folglich zusätzlich in einer gesetzlichen in- oder ausländischen Währung auszuweisen. Die Umrechnung der Kryptowährung in eine gesetzliche Währung kann anhand geeigneter Umrechnungsportale erfolgen. Die Umrechnung soll leicht überprüfbar sein und dokumentiert werden. Der abzuliefernde Mehrwertsteuer-Betrag ist in einer gesetzlichen Währung auszuweisen und die Mehrwertsteuer ist schliesslich in Schweizer Franken an die ESTV zu bezahlen.
Fazit
Die obigen Ausführungen stützen sich erst auf den einen Entwurf der Praxisanpassungen der ESTV vor der Praxis-Konsultation durch das Konsultativgremium. Die Praxisanpassungen sind jedoch grundsätzlich wie erwartet ausgefallen. Als Steuerberater von verschiedensten Krypto-Unternehmen sind wir erfreut über die zunehmende Klarheit der mehrwertsteuerlichen Behandlung von Kryptowährungen. Auch wenn noch Fragen offen bleiben, wie zum Beispiel die Behandlung von hybriden Token, zeigt die Schweiz wieder einmal ihre Vorreiterrolle in der umfassenden und innovationsfreundlichen Regulierung neuer Geschäftsmodelle. Diese Transparenz, Zuverlässigkeit und konstruktive Zusammenarbeit mit Behörden sind ein wichtiger Standortvorteil der Schweiz für Unternehmen in der Blockchain- oder Kryptobranche.
Bei weiteren Fragen zu diesem Thema stehen Ihnen unsere Steuerexperten gerne zur Verfügung. Weitere Informationen zu unseren Dienstleistungen für Unternehmen in der Krypto- bzw. Blockchain-Branche finden Sie hier.