Betreibung bleiben auch nach erfolglosem Rechtsöffnungsverfahren sichtbar

Das Bundesgericht hatte die Möglichkeit, sich im Entscheid 5A_656/2019 vom 22. Juni 2020 zum zweiten Mal näher mit dem Verfahren um Nichtbekanntgabe einer Betreibung gemäss Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG zu befassen.

| Philipp Bachmann, Simon Fricker

Zur Erinnerung

Eine Betreibung kann in der Schweiz jeder gegen jeden einleiten. Der Nachweis einer Forderung ist keine Voraussetzung, weshalb es immer wieder vorkommt, dass natürliche Personen oder Gesellschaften über bestrittene oder nicht existente Forderungen betrieben werden. Solche Schikanebetreibungen können sich äusserst negativ auf den (vermeintlichen) Schuldner auswirken, sind sie doch auf dem Betreibungsregisterauszug, welcher auch von Dritten eingesehen werden kann, verzeichnet. Sie können eine natürliche Person etwa bei der Suche einer Mietwohnung oder eine Gesellschaft bei Ausschreibung einer öffentlichen Beschaffung schwer benachteiligen.

Seit dem 1. Januar 2019 räumt das Gesetz dem (vermeintlichen) Schuldner das Recht ein, einzelne Betreibungen vom Einsichtsrecht Dritter ausschliessen zu lassen. Voraussetzung dafür ist, dass der Schuldner gegen die entsprechende Betreibung Rechtsvorschlag erhoben hat und frühestens drei Monate nach der Zustellung des Zahlungsbefehls das notwendige Gesuch stellt. Erbringt der Gläubiger dann nicht binnen 20 Tagen den Nachweis, dass er rechtzeitig ein Verfahren zur Beseitigung des Rechtsvorschlages eingeleitet hat, ist die Betreibung für Dritte nicht mehr ersichtlich. Sie ist auch im dem Betreibungsregisterauszug aufgeführt. Stellt der Gläubiger nachträglich ein Rechtsöffnungsbegehren, ist die entsprechende Betreibung allerdings für Dritte wieder einsehbar.

Die Auskunft über eine Betreibung wird Dritten zudem auch dann verweigert, wenn die Betreibung nichtig ist, aufgrund einer Beschwerde oder eines gerichtlichen Entscheides aufgehoben wurde, der Schuldner mit einer Rückforderungsklage obsiegt oder der Gläubiger die Betreibung zurückgezogen hat. Liegt keiner dieser besonderen Tatbestände vor, erlischt das Einsichtsrecht Dritter erst fünf Jahre nach dem Abschluss des Verfahrens.

Nichteintreten auf Rechtsöffnungsbegehren führt nicht zur Verweigerung des Einsichtsrechts

Im besagten Fall hat die Gläubigerin aufgrund des Rechtsvorschlages des Schuldners Rechtsöffnung verlangt. Auf das Rechtsöffnungsbegehren trat das zuständige Gericht jedoch nicht ein. Der Schuldner argumentierte, dass der Nichteintretensentscheid des Gerichts eine Verweigerung des Einsichtsrechts Dritter gestützt auf Art. 8 Abs. 3 lit. d SchKG rechtfertige und die Betreibung deshalb auch in diesem Fall für einen Dritten nicht mehr einsehbar sein dürfe.

In seinem ersten Entscheid 5A_319/2020 vom 7. Mai 2020 zu Art. 8 Abs. 3 lit. d SchKG hatte das Bundesgericht festgehalten, dass das Betreibungsamt einzig prüfen kann, ob (objektiv) ein Verfahren zur Beseitigung des Rechtsvorschlages eingeleitet wurde, jedoch nicht, ob das Rechtsöffnungsverfahren zur Recht oder zu Unrecht eingeleitet wurde bzw. wie es mutmasslich ausgehen würde.

Im aktuellen Entscheid setzte sich das Bundesgericht mit den unterschiedlichen Lehrmeinungen zur Nichtbekanntgabe gemäss Art. 8 Abs. 3 lit. d SchKG auseinander und kam nach einer Auslegung des Wortlautes zum Schluss, dass die Einleitung eines Verfahrens zur Beseitigung des Rechtsvorschlages nach Art. 79-84 SchKG (worunter ein Rechtsöffnungsverfahren fällt) hinreichend ist, um die Betreibung gegenüber Dritten weiterhin bekanntzugeben. Ein Obsiegen des Gläubigers im betreffenden Verfahren ist nicht notwendig. Auch die Materialien aus dem Gesetzgebungsprozess, insbesondere die Voten der Parlamentarier stützen diese Auslegung. Sinn und Zweck eines Betreibungsregisterauszugs ist es, dass berechtigte Betreibungsbegehren für Dritte ersichtlich sind. Die Einleitung eines Rechtsöffnungsverfahrens ist ein Indiz dafür, dass eine Betreibung berechtigt ist. Denn: Während der Gläubiger mit geringen Aufwand und geringen Kosten eine Betreibung einleiten kann, sind Aufwand und Kosten bei einem Rechtsöffnungsverfahren doch wesentlich höher. Diese nimmt ein Gläubiger in der Regel nur dann auf sich, wenn er seine Forderung für berechtigt hält.

Entsprechend wies das Bundesgericht die Beschwerde der Schuldnerin ab.

Fazit

Mit diesem Entscheid hat das Bundesgericht die Frage geklärt, ob ein erfolgloses Rechtsöffnungsverfahren ebenfalls die Nichtbekanntgabe einer Betreibung an Dritte gestützt auf Art. 8 Abs. 3 lit. d SchKG rechtfertigt. Die Antwort des Bundesgerichts ist nein. Auch ein erfolgloses Rechtsöffnungsbegehren führt dazu, dass eine Betreibung für Dritte weiterhin ersichtlich ist.

Will der (vermeintliche) Schuldner die Bekanntgabe der Betreibung an Dritte dennoch verhindern, kann und muss er selber aktiv werden und gegen den (vermeintlichen Gläubiger) Klage auf Aufhebung der Betreibung bzw. Nichtbestand der Forderung führen.

Philipp Bachmann
Attorney-at-Law, Notary Public, LL.M. Certified Specialist SBA Employment Law
[email protected]
Simon Fricker
Attorney at Law Certified Specialist SBA Employment Law
[email protected]

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