FINMA publiziert Wegleitung zu Initial Coin Offerings

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA legt in der am 16. Februar 2018 publizierten Wegleitung dar, wie sie auf der Basis des bestehenden Finanzmarktrechts mit Unterstellungsanfragen zu Initial Coin Offerings umgehen wird. Die FINMA definiert dabei, welche Mindestangaben sie für die Bearbeitung solcher Anfragen benötigt und nach welchen Prinzipien sie die Beantwortung vornehmen wird. Die FINMA schafft damit Transparenz für die interessierten Marktteilnehmer.

Klassifizierung der Token

Bei ihrer aufsichtsrechtlichen Beurteilung von Initial Coin Offerings („ICOs“) folgt die FINMA einem Ansatz, der auf die wirtschaftliche Funktion und den Zweck der Token fokussiert, also der Blockchain-basierten Einheiten, die vom ICO-Organisator ausgegeben werden. Zentral dabei ist die Klassifizierung der Token und die Frage, ob diese Token bereits von Beginn des ICOs an handel- oder übertragbar sind. Es besteht derzeit weder in der Schweiz noch international eine allgemein anerkannte Klassifizierung von Token. Die FINMA unterscheidet funktional drei Arten, wobei auch Mischformen auftreten können:

| Christian Maeder, Paul Thalmann
  • Zahlungs-Token sind mit reinen „Kryptowährungen“ gleichzusetzen, ohne mit weiteren Funktionalitäten oder Projekten verknüpft zu sein. Token können in gewissen Fällen erst mit der Zeit die notwendige Funktionalität und Akzeptanz als Zahlungsmittel entwickeln.
  • Nutzungs-Token sind Token, die Zugang zu einer digitalen Nutzung oder Dienstleistung vermitteln sollen.
  • Anlage-Token repräsentieren Vermögenswerte wie Anteile an Realwerten, Unternehmen, Erträgen oder Anspruch auf Dividenden oder Zinszahlungen. Der Token ist damit hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Funktionalität wie eine Aktie, Obligation oder ein derivatives Finanzinstrument zu werten.

Regulatorische Behandlung

Die regulatorische Behandlung der verschiedenen Token, wie sie in der neuen Wegleitung festgelegt ist, folgt der bisherigen Praxis:

  • Zahlungs-Token: Die FINMA sieht eine Unterstellung unter die Geldwäschereibestimmungen als gegeben an. Die FINMA wird solche Token aber nicht als Effekten behandeln. Darüber hinaus benötigen solche Tokens in der Regel keine Bewilligungen nach dem Bankengesetz oder dem Kollektivanlagengesetz.
  • Nutzungs-Token: Diese Tokens qualifizieren nicht als Effekten, wenn der Token ausschliesslich einen Anspruch auf Zugang zu einer digitalen Nutzung oder Dienstleistung vermittelt und der Nutzungs-Token im Zeitpunkt der Ausgabe in diesem Sinne einsetzbar ist. In allen Fällen, in der nur oder auch die wirtschaftliche Funktion als Anlage besteht, behandelt die FINMA diese als Efffekte. Geldwäschereibestimmungen sind in der Regel nicht anwendbar, solange der Hauptgrund für die Ausgabe der Token darin besteht, Zugangsrechte zu einer nichtfinanziellen Anwendung der Blockchain-Technologie zu gewähren. Zudem benötigen solche Token in der Regel keine Bewilligungen nach dem Bankengesetz (da typischerweise kein Anspruch auf Rückzahlung besteht) oder Bewilligungen nach dem Kollektivanlagengesetz (erhaltene Gelder werden in der Regel nicht von Dritten verwaltet).
  • Anlage-Token: Die FINMA betrachtet Anlage-Token als Effekten mit entsprechenden finanzmarktrechtlichen Konsequenzen im Hinblick auf den Handel damit. Diese Betrachtungsweise schliesst in der Regel auch entsprechende obligationenrechtliche Pflichten mit ein. Daher kann die Ausgabe solcher Token je nach Sachlage eine Bewilligung nach der Börsenverordnung erfordern, und wenn die ausgegebenen Token mit Aktien oder Anleihen vergleichbar sind, kann dies zu einer Prospektpflicht führen. Darüber hinaus sollte die Ausgabe von Anlage-Token in der Regel nicht die Anwendung von Geldwäscherei-Bestimmungen (keine Finanzdienstleistungen oder Zahlungsinstrumente) auslösen. Zudem sind in der Regel keine Bewilligungen nach dem Bankengesetz oder dem Kollektivanlagengesetz erforderlich (da in der Regel keine Rückzahlungspflicht besteht und das ICO nicht der kollektiven Kapitalanlage dient).

Es ist zu beachten, dass sich die einzelnen Token-Klassifikationen nicht gegenseitig ausschließen. Anlage- und Nutzungs-Token können auch als Zahlungs-Token (sogenannte Hybrid-Token) klassifiziert werden. In diesen Fällen sind die Anforderungen kumulativ, d.h. die Token gelten sowohl als Wertpapiere als auch als Zahlungsmittel. Darüber hinaus kann die regulatorische Behandlung im Zusammenhang mit Vorfinanzierungs- oder Vorverkaufsrunden von ICOs unterschiedlich sein.

Mindestinformationsanforderungen für ICO-Anfragen

Im Anhang listet die FINMA die Mindestinformationsanforderungen für ICO-Anfragen auf. Die Liste enthält im Wesentlichen Standardinformationen nach der allgemeinen Praxis für Anträge im Zusammenhang mit ICOs. Sie verlangt jedoch, dass das Entwicklungsteam die Bedingungen ihrer ICO bereits sehr spezifisch bei der Einreichung des Entscheidungsantrags an die FINMA festlegt.

Beurteilung

Mit einer Wegleitung wie vorliegend unterstützt die FINMA die Weiterentwicklung des Blockchain-Standorts Schweiz. Die regulatorische Behandlung entwickelt sich damit Schritt für Schritt weiter und kann bereits heute eine gewisse Planungssicherheit rund um ICO’s gewähren. Auch wenn es in der Praxis noch immer einige offene Fragen gibt, insbesondere bei den häufig vorkommenden hybriden Tokenstrukturen, handelt es sich bei der publizierten Wegleitung um einen wichtigen Schritt vorwärts und unterstreicht die Attraktivität und Zuverlässigkeit der Schweiz als Standort für Unternehmen in der Blockchain- oder Krypto-Branche.

Die neue Wegleitung finden Sie hier: https://www.finma.ch/de/news/2018/02/20180216-mm-ico-wegleitung/

Christian Maeder
Rechtsanwalt, dipl. Steuerexperte
[email protected]
Paul Thalmann
Rechtsanwalt & Notar
[email protected]

Weitere News & Beiträge