Angesichts dessen, dass sich die ZPO seit ihrer Einführung im Jahre 2011 insgesamt sehr bewährt hat, verzichtete der Bundesrat in seinem Vorentwurf auf tiefgreifende Veränderungen und entschied sich stattdessen für punktuelle Anpassungen. Bereits neun Jahre nach Inkrafttreten eine generelle Revision durchzuführen wäre sicher zu früh und auch der Rechtssicherheit nicht zuträglich gewesen.
Trotzdem erkannte der Bundesrat während der Tauglichkeitsprüfung bei gewissen Aspekten Handlungsbedarf und setzte im Vorentwurf dementsprechend folgende Schwerpunkte: (i) Änderungen beim Kostenrecht, (ii) Stärkung der kollektiven Rechtsdurchsetzung, (iii) Erleichterung und Erweiterung der Möglichkeiten der Verfahrenskoordination, (iv) Stärkung des Schlichtungsverfahrens, (v) Schaffung eines Mitwirkungsverweigerungsrechts für Unternehmensjuristinnen und –juristen und (vi) weitere gezielte Anpassungen durch differenzierte Aufnahme der bundesgerichtlichen Rechtsprechung in das Gesetz.
Die Ergebnisse der Vernehmlassungsvorlage zeigten, dass besonders zwei Aspekte des Vorentwurfs politisch stark umstritten waren. Zum einen hat sich eine Mehrheit der Kantone gegen eine Änderung des Kostenrechts ausgesprochen. Dies erfolgte primär aufgrund der drohenden zusätzlichen finanziellen Belastung, welche eine Neuregelung der Prozesskostenliquidation und der Halbierung der Gerichtskostenvorschüsse zur Folge hätte. Da es von Seiten des Bundesrates ein erklärtes Ziel ist, den Zugang zu den Gerichten insbesondere für Angehörige des Mittelstandes zu erleichtern, hält er diesbezüglich jedoch grundsätzlich an seinem Vorschlag fest. Allerdings trägt er den Befürchtungen der Kantone in der Botschaft Rechnung, indem er beim Grundsatz der Halbierung der Gerichtskosten gewisse Ausnahmen vorsieht.
Zum anderen waren auch die Vorschläge zum kollektiven Rechtsschutz in der Vernehmlassung stark umstritten. Besonders Vertreter der Wirtschaft widersetzten sich diesem Vorschlag, da sie befürchteten, dass dies den Druck auf Unternehmen erhöhen würde und auch ein gewisses Missbrauchsrisiko aufweise. Der Bundesrat wollte die Verbandsklage weiter ausbauen, indem auch Schadenersatz- und Gewinnherausgabeansprüche kollektiv geltend gemacht werden können. Doch wegen der grossen Kritik verzichtet der Bundesrat im Rahmen dieser Vorlage auf die weitere Behandlung des kollektiven Rechtsschutzes und nimmt ihn aus dem Entwurf heraus. Er wird über das weitere Vorgehen diesbezüglich die parlamentarische Diskussion des jetzigen Entwurfs abwarten und dann eine Entscheidung treffen.
Bei der Überprüfung der Praxistauglichkeit hat sich sodann gezeigt, dass sich bestimmte Verfahren und Abläufe überaus bewährt haben. Deswegen will der Bundesrat beispielsweise das Schlichtungsverfahren weiter stärken und es auch bei anderen Streitigkeiten zum Zuge kommen lassen sowie die Kompetenz der Schlichtungsbehörden bei Entscheidvorschlägen weiter ausbauen.
Im Moment ist es noch schwer abzuschätzen, wann die revidierte ZPO tatsächlich in Kraft tritt und wie stark der Entwurf im Verlauf der parlamentarischen Debatten noch geändert wird.
Ob unter der geltenden oder der zukünftigen ZPO, unsere Spezialisten im Prozessrecht unterstützen Sie gerne bei der Durchsetzung ihres Rechts.