Kantonsgericht Luzern stellt Fehler bei der Abrechnung der Kurzarbeitsentschädigung fest

Das Kantonsgericht Luzern hat sich mit dem wegweisenden Entscheid 5V 20 396 (LGVE 2021 III Nr. 2) zur Nichtberücksichtigung der Ferien- und Feiertagsentschädigung bei der Bemessung der Kurzarbeitsentschädigung (KAE) im aufgrund der Covid-19-Pandemie eingeführten summarischen Verfahren bei im Monatslohn Angestellten geäussert.

Das Gericht hielt fest, dass die KAE gestützt auf Art. 34 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIG) 80 % des anrechenbaren Verdienstausfalls beträgt. Bis zum Höchstbetrag von CHF 148‘200.00 pro Jahr (entspricht CHF 12‘350.00 pro Monat) wird die KAE auf dem vertraglich vereinbarten Lohn berechnet. Im Verdienstausfall eingeschlossen sind Ferien- und Feiertagsentschädigung sowie weitere vertraglich vereinbarte Zulagen, soweit sie nicht während der Kurzarbeit weiter bezahlt werden oder Entschädigung für arbeitsbedingte Inkonvenienzen sind.

Nach dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie hat der Bundesrat am 20. März 2020 die Verordnung über Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung im Zusammenhang mit dem Coronavirus (Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung) erlassen. Gemäss Art. 8i Abs. 1 der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung sollte der anrechenbare Verdienstausfall im summarischen Verfahren berechnet und die KAE von 80 % als Pauschale ausgerichtet werden.

Die Beschwerdeführerin (Arbeitgeberin) im besagten Urteil beanstandete, dass aufgrund der im summarischen Verfahren ausgerichteten KAE die Ferien- und Feiertagsentschädigung bei der Bemessung der KAE nicht berücksichtigt worden sei, obwohl die Arbeitgeberin die während der Kurzarbeit aufgebauten Ferientage sowie auch die Feiertage zu entschädigen habe. Dies bedeute eine Schlechterstellung der Arbeitgeberin im Vergleich zur regulären KAE nach Art. 34 Abs. 1 und 2 AVIG.

Nach Ansicht der Beschwerdegegnerin (Arbeitslosenkasse) ist Art. 34 AVIG aufgrund des zurzeit geltenden summarischen Verfahrens (Art. 8i Covid-19-Verordnung) nicht anwendbar. Zudem sei aufgrund des Antrags- und Abrechnungsformular und aufgrund der FAQ des SECO klar, dass nur die AHV-pflichtige Lohnsumme inkl. der AHV-pflichtigen Zulagen sowie DER ANTEILIGE 13. Monatslohn für die Berechnung massgebend seien.

Das Kantonsgericht berücksichtigte für sein Urteil die bis zum 31. August 2021 gültige Fassung von Art. 8i Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung, weil es zum Schluss gelangte, dass der per 1. September 2020 geänderte Wortlaut von Art. 8i Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung, insbesondere die Einfügung „In Abweichung von Artikel 34 Absatz 2 und 38 Absatz 3 Buchstabe b AVIG“ nicht rückwirkend per 1. März 2020 in Kraft gesetzt worden sei.

Nach eingehender Analyse der KAE sowie der Berechnung des anrechenbaren Verdienstes im Normalfall und der richtigen Erkenntnis, dass auch die Entschädigung für Ferien- und Feiertage der AHV-Pflicht unterliegen, kam das Kantonsgericht nachvollziehbar zum Schluss, dass auch eine Ferien- und Feiertagsentschädigung bei der KAE im summarischen Verfahren zu berücksichtigen ist. Auch die Materialien zur Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung sowie die Erläuterungen des SECO lassen nach Ansicht des Kantonsgerichts keine andere Auslegung zu, zumal die Ungleichbehandlung zwischen Monats- und Stundenlöhnern nirgends bewusst erwähnt wird. Die Weisungen des SECO sowie das Antrags- und Abrechnungsformular sind zudem lediglich als Verwaltungsverordnungen zu qualifizieren und bilden keine eigenständige Grundlage für die Nichtberücksichtigung der Ferien- und Feiertagsentschädigung. Somit fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage für die Nichtberücksichtigung von Ferien- und Feiertagsentschädigungen.

Das Urteil des Kantonsgerichts ist noch nicht rechtskräftig. Ob das Bundesgericht anders entscheiden wird, ist somit noch offen.

Das SECO hat aufgrund des Urteils des Kantonsgerichts Luzern bisher keine Weisung erlassen, dass die falschen Berechnungen korrigiert und Nachzahlungen geleistet werden müssten. Deshalb sollten betroffene Unternehmen umgehend bei der für sie zuständigen Arbeitslosenkasse eine anfechtbare Verfügung oder für den Fall, dass bereits eine Verfügungen ergangen ist, eine Wiedererwägung beantragen. Sollten Sie dazu Unterstützung wünschen, stehen unsere Spezialisten im Arbeitsrecht gerne zur Verfügung.

Simon Fricker
Attorney at Law Certified Specialist SBA Employment Law
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Philipp Bachmann
Attorney-at-Law, Notary Public, LL.M. Certified Specialist SBA Employment Law
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