Schenkungsverbot ab 1.1.2023 – ein Erblasser, der über seinen Nachlass erbvertraglich verfügt, darf (einseitig) keine Schenkungen mehr vornehmen!

Schliessen Ehegatten einen Erbvertrag, möchten aber nach wie vor (nach Tod des ersten Ehegatten) Schenkungen vornehmen können, so muss dies neu im Erbvertrag explizit erwähnt werden.

| Christian Maeder, Judith Hubatka

Wozu ein Erbvertrag?

Ein Erbvertrag wird in der Praxis regelmässig dann abgeschlossen, wenn ein/e Erblasser/in seinen/ihren Ehemann bzw. seine/ihre Ehefrau („Ehegatte“) möglichst umfassend begünstigen möchte. Oft besteht der Wunsch der Ehegatten, das gesamte Vermögen dem überlebenden Ehegatten zu vermachen, so dass dieser das gewohnte Leben weiterleben und insbesondere auch in der gemeinsamen Wohnung verbleiben kann. Kinder sollen erst in den Genuss der Erbschaft gelangen, wenn auch der überlebende Ehegatte gestorben ist. Eine Schranke einer solchen Meistbegünstigung bildet allerdings der Pflichtteil der Kinder.

Im Idealfall schliessen die Ehegatten zusammen mit ihren Kindern einen Erbvertrag ab, in welchem die Kinder auf ihren Erbteil (insb. ihren Pflichtteil) zugunsten des überlebenden Ehegatten verzichten. Ob dieser Weg im Einzelfall gewählt wird bzw. werden kann, hängt von diversen Faktoren, nicht zuletzt von Alter und Wille der Kinder, ab. Ist ein Einbezug der Kinder nicht möglich oder nicht gewollt, so besteht nichtsdestotrotz ein gewisser Gestaltungsspielraum.

Auf jeden Fall sollten die Ehegatten einen Ehe- und Erbvertrag abschliessen. Bei Tod eines Ehegatten ist nämlich vorab die ehegüterrechtliche Auseinandersetzung vorzunehmen. Die Zuteilung zum ehelichen Vermögen bzw. zum Nachlass hängt vom geltenden bzw. gewählten Güterstand ab. In Frage kommen (1) der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung (ordentlicher Güterstand), der auch gilt, wenn nichts vereinbart wird, (2) die Gütertrennung und (3) die Gütergemeinschaft. Die Ehegatten können im Ehevertrag vereinbaren, dass der überlebende Ehegatte das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen (insbesondere Einkommen und Erträge) erhält. Im Erbvertrag können sie regeln, dass dem überlebende Ehegatte ein Teil der Erbschaft zu Nutzniessung und der Rest zu Eigentum zukommt. Dies entspricht der sogenannten Meistbegünstigung.

Erfolgt diese Anordnung in Form eines Vertrags, hat dies den Vorteil, dass jeder Ehegatte daran gebunden ist und die Regelung nicht einseitig abändern kann. Ein solches Vorgehen hat jedoch gegebenenfalls nicht gewollte Folgen:

Schenkungen nach dem Tod eines Ehegatten?

Die Ehegatten regeln miteinander im Erbvertrag, was mit ihren Vermögen bei Tod des ersten Ehegatten sowie nach dem Tod des zweiten Ehegatten, geschieht. Da sie diese Regelungen nur gemeinsam ändern können, ist eine Anpassung des Erbvertrags nur bei Lebzeiten beider Ehegatten möglich. Bei Tod eines Ehegatten ist der überlebende Ehegatte an die erbvertraglichen Regelungen gebunden und kann diese nicht mehr einseitig abändern.

Was bedeutet dies im Hinblick auf Schenkungen, d.h. was gilt, wenn der überlebende Ehegatte nach dem Tod des ersten Ehegatten Schenkungen ausrichten will?

Heute gilt grundsätzlich Schenkungsfreiheit. Per 1.1.2023 gilt nun neu jedoch der Grundsatz des Schenkungsverbots, d.h. grundsätzlich sind Schenkungen nach Abschluss eines Erbvertrags unzulässig. Davon ausgenommen sind nur übliche Gelegenheitsgeschenke. Schenkungen (inkl. Verfügungen von Todes wegen) können angefochten werden, wenn sie mit den Verpflichtungen aus dem Erbvertrag nicht vereinbar sind und im Erbvertrag nicht vorbehalten worden sind (Art. 494 Abs. 3 nZGB). Schenkungen sind mit den Verpflichtungen aus dem Erbvertrag namentlich dann nicht vereinbar, wenn sie die erbvertraglichen Begünstigungen schmälern. Dies ist der Fall bei Schenkungen an Dritte oder Schenkungen an erbvertraglich begünstigte Personen, wenn diese ohne Anrechnung an den (vertraglich vorgesehenen) Erbteil erfolgt oder über diesen hinausgehen.

Zu beachten ist, dass dieses neue Schenkungsverbot unabhängig davon gilt, wann der Erbvertrag abgeschlossen wurde. Für die Beurteilung der Zulässigkeit ist auf den Todestag abzustellen, d.h. das Schenkungsverbot gilt, wenn der erstversterbende Ehegatte nach dem 31. Dezember 2022 stirbt. Wurde also ein Erbvertrag bereits vor einigen Jahren abgeschlossen und Schenkungen darin nicht (explizit) erlaubt, so sind solche, je nach Todestag des erstversterbenden Ehegatten, gegebenenfalls nicht mehr zulässig bzw. anfechtbar.

Auf diesem Hintergrund sollte im Erbvertrag geregelt werden, ob, in welcher Höhe und an welche Personen Schenkungen noch vorgenommen werden dürfen. Daher empfiehlt es sich dringendst, den eigenen, bereits abgeschlossenen Erbvertrag zu überprüfen und bei Bedarf eine entsprechende Klausel zu ergänzen. Unser Team unterstützt Sie dabei gerne!

Christian Maeder
Rechtsanwalt, dipl. Steuerexperte
[email protected]
Judith Hubatka
Rechtsanwältin & Notarin
[email protected]

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