Besteuerung von leitenden Angestellten gemäss Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und Deutschland

Es gibt eine Vielzahl von Personen aus Deutschland, die in der Schweiz einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Je nach Konstellation ist das Einkommen aus dieser Erwerbstätigkeit in der Schweiz, in Deutschland oder in beiden Ländern gleichzeitig steuerbar. Die beiden Länder haben in einer neuen Konsultationsvereinbarung vom 6. April 2023 die Regelung für die Besteuerung von Personen mit Leitungs- und Vertretungsbefugnis ergänzt.

Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz (Doppelbesteuerungsabkommen D-CH) hat unter anderem den Zweck, die doppelte Besteuerung von Erwerbseinkommen in beiden Ländern zu vermeiden. Die Zuteilung des Besteuerungsrechts hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab, wie Grenzgängereigenschaft, Arbeitsort, Sitz des Arbeitgebers, leitende Stellung oder Verwaltungsratsfunktion.

| Christian Maeder, Benno Hinni

Arbeitnehmer mit leitender Funktion

Gemäss Art. 15 Abs. 4 des Doppelbesteuerungsabkommen D-CH kann der Lohn von in Deutschland ansässigen Direktoren, Geschäftsführern oder Prokuristen einer Schweizer Gesellschaft in der Schweiz besteuert werden. Deutschland nimmt in einem solchen Fall den Lohn von der Besteuerung aus, sofern dieser Lohn tatsächlich in der Schweiz besteuert wird. Anders als Mitarbeitende ohne leitende Funktion wird dabei der Lohn vollständig von dem Land besteuert, in dem sich der Sitz der Gesellschaft befindet unabhängig davon, wo die Arbeit verrichtet wurde.

Bislang wurde für die Anwendung von Art. 15 Abs. 4 Doppelbesteuerungsabkommen D-CH vorausgesetzt, dass der Arbeitnehmer mit der entsprechenden leitenden Funktion im Handelsregister eingetragen ist. Gemäss der am 6. April 2023 abgeschlossenen Konsultationsvereinbarung wurde diese Voraussetzung nun gelockert. So genügt es, wenn Arbeitnehmer mit Einzelunterschrift oder Kollektivunterschrift ohne Bezeichnung ihrer Funktion im Schweizer Handelsregister eingetragen sind. Im Weiteren können neu auch Personen profitieren, die nicht im Handelsregister eingetragen sind, aber eine vergleichbare leitende Funktion wie Direktor, Geschäftsführer oder Prokurist wahrnehmen. Diese Funktion muss jedoch mindestens derjenigen eines Prokuristen entsprechen und nachgewiesen werden. Ein solcher Nachweis kann beispielsweise erfolgen durch Zirkulationsbeschluss oder Unterschriftenreglement. Zudem werden weitere Faktoren berücksichtigt wie Höhe des Lohns, Einordnung in eine der obersten Gehaltsstufen innerhalb des Unternehmens, Anzahl der weisungsgebundenen Personen oder Nicht-Anwendung von gesetzlichen Begrenzungen der Höchstarbeitszeiten.

Sind die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt, ist der Lohn des leitenden Arbeitnehmers nur in der Schweiz steuerbar. Die Einkommenssteuer wird für in Deutschland ansässige Arbeitnehmer direkt vom Lohn in Form der Quellensteuer in Abzug gebracht.

Die neue Konsultationsvereinbarung zwischen der Schweiz und Deutschland vom 6. April 2023 kann hier runtergeladen werden.

Leitende Arbeitnehmer als Grenzgänger

Ist ein leitender Arbeitnehmer gleichzeitig als Grenzgänger im Sinne des Doppelbesteuerungsabkommens D-CH zu qualifizieren, kommen allerdings andere Besteuerungsregeln zur Anwendung. Gemäss Art. 15a Doppelbesteuerungsabkommen D-CH unterliegt der Lohn von Grenzgängern mit Ansässigkeit in Deutschland vorwiegend der deutschen Besteuerung. Dies gilt auch für leitende Arbeitnehmer. Die Schweiz kann diesen Lohn mit maximal 4.5% versteuern, wobei diese Steuer in Deutschland an die deutsche Einkommenssteuer angerechnet wird.

Die Qualifikation als Grenzgänger entfällt bei mehr als 60 Nichtrückkehr-Tagen pro Kalenderjahr, also Tagen, an welchen der Grenzgänger aufgrund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnsitz zurückkehrt. Die Qualifikation von Nichtrückkehr-Tagen wurde in Konsultationsvereinbarungen näher geregelt. Nach dem Verhandlungsprotokoll zwischen der Schweiz und Deutschland vom 24. Juni 1999 wird Unzumutbarkeit einer täglichen Rückkehr grundsätzlich dann angenommen, wenn die Strassenentfernung mehr als 110 km beträgt oder wenn die für die Wegstrecke von der Arbeitsstätte zum Wohnort benötigte Zeit (hin und zurück) mit den in der Regel benutzten Transportmitteln 3 Stunden übersteigt. Gemäss der Konsultationsvereinbarung zwischen der Schweiz und Deutschland vom 15./18. Juli 2022 gelten zudem Arbeitstage, die ein Arbeitnehmer (Grenzgänger) an seinem Wohnsitz ausübt (Home Office), nicht als Nichtrückkehrtage (siehe auch BMF-Schreiben vom 26.07.2022). Die bisherigen Corona-bedingten Sonderregelungen sind jedoch am 30. Juni 2022 ausgelaufen.

Besteuerung von Mitgliedern des Verwaltungsrates eines Schweizer Unternehmens

Für in Deutschland ansässige Verwaltungsratsmitglieder eines Unternehmens in der Schweiz gilt die eigenständige Regelung in Art. 16 des Doppelbesteuerungsabkommens D-CH. Demnach kann die Schweiz das Verwaltungsratshonorar in jedem Fall besteuern, wobei die Quellensteuer zur Anwendung kommt. Die Höhe der Quellensteuer ist kantonal unterschiedlich. Der in Deutschland ansässige Verwaltungsrat kann die schweizerische Quellensteuer an die in Deutschland anfallende Einkommenssteuer anrechnen lassen.

Entsendung von Mitarbeitern aus Deutschland in die Schweiz

Grundsätzlich ist der Lohn für in der Schweiz ausgeübte Erwerbstätigkeit in der Schweiz steuerbar. Eine Ausnahme besteht bei kurzzeitiger Entsendung von in Deutschland ansässigen Mitarbeitern in die Schweiz. Diese Ausnahme kommt zur Anwendung, wenn sich der Mitarbeiter in der Schweiz nicht länger als 183 Tage pro Kalenderjahr aufhält und der Arbeitgeber nicht in der Schweiz ansässig ist bzw. keine Betriebsstätte hat. Deutsche Unternehmen können somit Mitarbeiter für beschränkte Zeit in die Schweiz entsenden, ohne dass diese hier steuerpflichtig werden.

Der Inhalt dieses Newsletters stellt keine rechtliche oder steuerliche Beratung dar und darf nicht als solcher verwendet werden. Bei weiteren Fragen zu diesem Thema stehen Ihnen unsere Steuerexperten und Rechtsanwälte gerne zur Verfügung.

Christian Maeder
Rechtsanwalt, dipl. Steuerexperte
[email protected]
Benno Hinni
Rechtsanwalt, dipl. Steuerexperte
[email protected]

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