Die Wirksamkeit Privatorischer Klauseln in Verfügungen von Todes wegen

Erben ist erfahrungsgemäss eine besonders emotionale Angelegenheit. Um unnötige Streitigkeiten zu vermeiden und nicht noch zusätzliche Unklarheiten zu schaffen, empfiehlt es sich keine standardmässigen, formelhaften privatorischen Klauseln zu verwenden, sondern im Einzelfall zu prüfen, ob eine solche Klausel Sinn macht und diese bei Bedarf auf den Fall zugeschnitten zu formulieren.

| Judith Hubatka, Katharina Lux

Wozu eine privatorische Klausel?

Errichtet ein Erblasser ein Testament oder schliesst er einen Erbvertrag, so ist es naheliegend, dass er auch will, dass dieses/r, d.h. seine Wünsche und Anordnungen betreffend seinen Nachlass, (auch) nach seinem Tod beachtet wird und die getroffenen Verfügungen bzw. Anordnungen, wie z.B. Erbeinsetzungen, Vermächtnisse, Zuweisungen, Teilungsvorschriften, Bedingungen, Auflagen, ohne Streitigkeiten zwischen den Erben umgesetzt werden. Um dies zu gewährleisten und die letztwillige Verfügung (Testament) oder den Erbvertrag bzw. die darin getroffenen Verfügungen und Anordnungen zu sichern bzw. (soweit möglich) durchzusetzen, bedient sich der Erblasser in der Praxis häufig der sogenannten privatorischen Klausel (auch Strafklausel oder Verwirkungsklausel genannt).

Dass eine privatorische Klausel – in einem Testament oder Erbvertrag – gültig errichtet werden kann, ist allgemein anerkannt. Zu beachten ist jedoch, dass trotz vielfacher Verwendung in der Praxis die Wirksamkeit solcher Klauseln bzw. die Auswirkungen bzw. (Rechts-)Folgen im Falle einer Anfechtung der letztwilligen Verfügung/des Erbvertrags oftmals ungewiss und in Rechtsprechung und Lehre umstritten ist.

Was sind privatorische Klauseln?

Mittels privatorischer Klausel regelt der Erblasser, dass einer mittels Testament/Erbvertrag begünstigten Person (Erbe oder Vermächtnisnehmer) für den Fall, dass sie sich nicht dem letzten Willen des Erblassers entsprechend verhält oder das Testament bzw. den Erbvertrag anficht, die entsprechende Begünstigung entzogen wird (z.B. wird der gesetzliche Erbe in diesem Fall auf den Pflichtteil gesetzt oder verliert der Vermächtnisnehmer den Anspruch auf das Vermächtnis). Damit will der Erblasser die Begünstigten von einer Anfechtung seiner Verfügung von Todes wegen abhalten bzw. einen Anreiz schaffen, dass sein letzter Willen beachtet wird. Oft gesehen sind z.B. privatorische Klauseln im Zusammenhang mit Verfügungen, die vorsehen, dass ein pflichtteilsberechtigter Erbe zwar beim Tod (vorerst) leer ausgeht, aber zu einem späteren Zeitpunkt (z.B. beim Tod des Erstbegünstigten) das gesamte Vermögen, und damit mehr als den Pflichtteil, erhält.

Die privatorische Klausel kann das durch den Erblasser als missbilligend erachtete Verhalten allgemein oder konkret bezeichnen. In der Praxis ist die „allgemeine privatorische Klausel“ die häufigste Variante, mit welcher generell Anfechtungen des letzten Willens des Erblassers verhindert werden sollen. Oft sieht man dabei folgende Formulierung: „Hält ein Erbe die Bestimmungen dieses Testaments nicht ein, oder ficht ein Erbe dieses Testament an, so wird er zugunsten der anderen Erben auf den Pflichtteil gesetzt bzw. verliert der nicht pflichtteilsgeschützte Erbe seinen Anspruch auf einen Anteil am Nachlass des Verstorbenen.“ Bei der „konkreten privatorischen Klausel“ will der Erblasser den Bedachten zu einem bestimmten Verhalten veranlassen oder die Einhaltung einzelner Bestimmungen sichern. Eine beispielshafte Klausel hierfür ist: „Ich vermache Person A meine Wohnung. In meiner Wohnung lebt meine Tante. Falls Person A meiner Tante den Mietvertrag für die Wohnung kündigt, fällt das Vermächtnis dahin.“

Zulässigkeit der Privatorischen Klausel

Privatorische Klauseln sind grundsätzlich zulässig bzw. gültig. Die Zulässigkeit privatorischer Klauseln findet jedoch dann ihre Grenze und eine entsprechende Verfügung von Todes wegen (Testament/Erbvertrag) ist grundsätzlich unzulässig und anfechtbar, wenn eines der folgenden Szenarien zutrifft:

  1. die privatorische Klausel verstösst gegen das Recht oder die guten Sitten;
  2. der (übrige) Inhalt einer Verfügung von Todes ist wegen rechts- oder sittenwidrig (und diese Anordnungen mittels einer privatorischer Klausel geschützt werden sollen); oder
  3. die privatorische Klausel hindert den Begünstigten daran, Rechte wahrzunehmen, die ihm von Gesetzes wegen zustehen,

(wobei die konkrete Abgrenzung in Praxis und Lehre zuweilen Mühe bereitet und mangels höchstrichterlichem Entscheid unklar ist, ob Szenario 3 in jedem Fall zur Ungültigkeit der privatorischen Klausel führt).

Eine privatorische Klausel ist z.B. ungültig, wenn sie festhält, dass die letztwillig verfügte oder erbvertraglich vereinbarte Begünstigung dahinfällt, wenn der Begünstigte einer erwünschten Glaubensgemeinschaft nicht beitritt (Verstoss gegen die Religionsfreiheit) (1. Szenario), einem pflichtteilsberechtigtem Erben im Anfechtungsfall sein pflichtteilsgeschützter Erbanteil abgesprochen wird (1. Szenario), oder wenn die Verfügung von Todes wegen (Testament/Erbvertrag) selbst den Pflichtteil eines pflichtteilsgeschützten Erben verletzt (indem z.B. der Ehegatte als einziger Erbe eingesetzt wird und die Kinder nicht bedacht werden). Eine privatorische Klausel, die in diesem Fall vorsieht, dass der pflichtteilsgeschützte Erbe, der die Verfügung anficht, nur seinen Pflichtteil erhält, ist ungültig (anfechtbar) bzw. wird für ungültig erklärt, wenn die Anfechtung erfolgreich ist (wohl 2. und 3. Szenario). Szenario 3 liegt dagegen unbestrittenermassen dann vor, wenn die Verfügung von Todes wegen an einem Formmangel leidet.

In der Praxis bereitet insbesondere das 3. Szenario Schwierigkeiten. Unbestrittenermassen entfaltet die privatorische Klausel dann keine Wirkung, wenn sie selbst oder die letztwillige Verfügung bzw. der Erbvertrag, die/der diese Klausel enthält, erfolgreich angefochten und damit (teilweise) ungültig erklärt wird, z.B. aufgrund einer Verfügungsunfähigkeit oder eines Formmangels. Diese Konsequenz ist unseres Erachtens folgerichtig, da privatorische Klauseln nicht dazu führen dürfen, einen unzulässigen, rechtswidrigen Zustand zu schützen bzw. aufrechtzuerhalten. Leidet z.B. ein Testament an einem Formmangel und ficht ein Erbe das Testament erfolgreich an, dann entfaltet die Klausel im Testament, wonach der, der das Testament anficht, leer ausgeht, keine Wirkung. Vielmehr gilt in einem solchen Fall stattdessen eine allfällige frühere letztwillige Anordnung oder, sofern keine solche besteht, das Gesetz. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass privatorische Klauseln nur dann gültig sind, wenn eine Anfechtung des Testaments bzw. des Erbvertrags erfolglos geblieben ist. Unklar bzw. umstritten ist jedoch, ob die privatorische Klausel gültig ist, wenn ein berechtigter Grund zur Anfechtung besteht (z.B. bei rechtmässigen Zweifeln über die Verfügungsfähigkeit des Erblassers), das Gericht in der Folge (aufgrund seines Ermessens) jedoch zulasten des Klägers entscheidet. Nach vorherrschender (nicht unbestrittener) Meinung hat die privatorische Klausel (auch) in diesem (unklaren) Fall Bestand. Dies hat zur Folge, dass sich Begünstigte (Erben/Vermächtnisnehmer), die gegen Verfügungen von Todes wegen vorgehen möchten, oft enormen rechtlichen Risiken und Unsicherheiten aussetzen und entsprechend eher geneigt sind, von einer Anfechtung abzusehen.

Ob eine privatorische Klausel zulässig ist, muss letztlich im Einzelfall geprüft werden. Um Streitigkeiten zu vermeiden und Sicherheit zu schaffen sollten daher auch nicht allgemeine, stereotypische Klauseln verwendet werden. Die privatorische Klausel sollte jeweils auf den Einzelfall zugeschnitten ausgearbeitet werden. Eine sorgfältige Ausarbeitung des letzten Willens hilft auch den Erben bei der Erbteilung in einer ohnehin sonst schon schwierigen Zeit.

Sofern Sie weitere Fragen hierzu haben, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Wir unterstützen Sie auch bei der Wahl eines für Sie zugeschnittenen Vorgehens.

Judith Hubatka
Rechtsanwältin & Notarin
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Katharina Lux
Ass. iur., LL.M., Rechtsanwältin
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