Allgemeines zur Besteuerung von Token
Kryptocoins oder -token werden als Werteinheiten dezentral innerhalb eines Computernetzwerkes auf einer Blockchain generiert. Diese Token werden für Steuerzwecke in folgende Hauptkategorien aufgeteilt, wobei sich diese Einteilung an den Basiskategorien der Wegleitung der Schweizer Finanzmarktaufsicht FINMA für Unterstellungsanfragen betreffend Initial Coin Offerings (ICO) orientiert: Zahlungs-Token, Nutzungs-Token und Anlage-Token.
Zahlungs-Token sind in Abhängigkeit ihrer Verbreitung und Infrastruktur zum Einsatz als Zahlungsmittel geeignet bzw. sollen nach Absicht des Herausgebers (auch) als Zahlungsmittel verwendet werden. Nutzungs-Token berechtigen den Inhaber zum Bezug von bestimmten digitalen Leistungen oder gewähren Zugang zu einer Internet-Plattform. Solche Dienstleistungen werden in der Regel mithilfe einer Blockchain-Infrastruktur erbracht.
Im Gegensatz dazu repräsentieren Anlage-Token einen Vermögenswert bzw. geldwerte Rechte gegenüber dem Emittenten. Anlage-Token lassen sich in folgende drei Unterkategorien aufteilen:
- Fremdkapital-Token: Der Emittent der Token ist zur Rückzahlung und allenfalls Verzinsung der Investition an den Token-Inhaber verpflichtet.
- Anlage-Token mit Beteiligungsrechten: Es handelt sich um Token in Form von Beteiligungsrechten, deren Anspruch am Gewinn statutarisch festgelegt ist.
- Anlage-Token mit vertraglicher Grundlage: Der Token-Inhaber hat das vertragliche Recht auf eine Geldleistung in Abhängigkeit von einem festgelegten Faktor (z.B. Umsatz oder EBIT einer Gesellschaft). Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf Anlage-Token mit vertraglicher Grundlage.
Je nach Ausgestaltung eines Tokens bestehen auch Mischformen der oben erwähnten Token-Kategorien.
Um festzustellen, wie gewisse Transaktionen im Zusammenhang mit Token zu versteuern sind, muss in der Regel beurteilt werden, unter welche Hauptkategorie ein Token fällt. Es besteht dazu eine Praxis zu den
- Gewinn- und Kapitalsteuern (für juristische Personen)
- Verrechnungssteuern
- Einkommens- und Vermögenssteuern (für natürliche Personen)
- Stempelabgaben
- Mehrwertsteuern
Besteuerung von Anlage-Token mit vertraglicher Grundlage bei den Gewinn- und Kapitalsteuern
Die Mittel aus der Ausgabe von Anlage-Token mit vertraglicher Grundlage sind weder Fremdkapital noch Eigenkapital. Es handelt sich für den Emittenten mit Sitz in der Schweiz vielmehr um Ertrag, der im Rahmen des Jahresgewinns grundsätzlich steuerbar ist. Legen die Token-Bestimmungen fest, dass der Erlös aus der Ausgabe der Token zur Umsetzung eines bestimmten Projekts genutzt werden muss, kann aufwandswirksam eine Rückstellung für geschäftsmässig begründeten Aufwand in künftigen Geschäftsjahren verbucht werden, die den steuerbaren Gewinn reduziert.
Nimmt die Gesellschaft nach Ausgabe der Token Zahlungen an die Inhaber von Anlage-Token mit vertraglicher Grundlage gestützt auf die Token-Bestimmungen vor, handelt es sich dabei grundsätzlich um geschäftsmässig begründeten Aufwand. Allerdings gilt dies nur, wenn gewisse Schwellenwerte betreffend Gewinnbeteiligung und Zahlungen an Aktionäre eingehalten werden (siehe dazu der nachfolgende Absatz „Verrechnungssteuern bei Anlage-Token mit vertraglicher Grundlage“). Werden die Schwellenwerte nicht eingehalten, gelten die Zahlungen als verdeckte Gewinnausschüttung und sind dann nicht mehr steuerlich abzugsfähig. Je nach Projekt können sich auch unregelmässige Zahlungen ergeben oder eine einmalige Zahlung, was zu einer Überschreitung der Schwellenwerte führen kann. Solche Fälle sollten mit den zuständigen kantonalen Steuerbehörden besprochen werden.
Anlage-Token mit vertraglicher Grundlage stellen kein Eigenkapital dar und unterliegen somit bei der Gesellschaft nicht der Kapitalsteuer. Erzielt die Gesellschaft einen Gewinn aus der Ausgabe von Token, unterliegt dieser Gewinn als Teil des Eigenkapitals allerdings der Kapitalsteuer.
Verrechnungssteuer bei Anlage-Token mit vertraglicher Grundlage
Für Zwecke der Verrechnungssteuer werden Anlage-Token mit vertraglicher Grundlage wie derivative Finanzinstrumente eigener Art behandelt. Grundsätzlich handelt es sich somit bei Zahlungen an Inhaber von Anlage-Token mit vertraglicher Grundlage nicht um Kapitalerträge. Somit unterliegen diese Zahlungen nicht der Verrechnungssteuer (in der Schweiz 35%).
Ausnahmsweise kann dennoch eine Verrechnungssteuer anfallen, wenn gewisse Schwellenwerte überschritten werden:
- Dies ist einerseits dann der Fall, wenn Aktionäre der Emittentin oder nahestehende Personen gesamthaft mehr als 50% der ausgegebenen Token halten. Es muss also sichergestellt werden, dass es sich bei den Token-Inhabern mehrheitlich um unabhängige Dritte handelt und dies muss nachweisbar sein.
- Gleichzeitig dürfen die Zahlungen an die Inhaber der Token nicht mehr als 50% des EBIT der Gesellschaft betragen.
Die Umsetzung dieser Voraussetzungen ist in der Praxis nicht ganz einfach. Vorkehrend sollte im Smart Contract eine Möglichkeit geschaffen werden, den Verteilmechanismus anzupassen oder die Zahlungen zu pausieren. Selbst wenn jedoch die oben erwähnten Schwellenwerte überschritten wurden, sollte dies zu keiner Änderung der grundsätzlichen Token-Qualifikation führen, die Anlage-Token mit vertraglicher Grundlage sollten dann z.B. nicht in Anlage-Token mit Beteiligungsrechten umqualifiziert werden. Aufgrund der Komplexität empfehlen wir bei solchen Projekten alle wesentlichen Punkte mit den Steuerbehörden mittels Rulinganfragen vorzubesprechen.
Besteuerung von Anlage-Token mit vertraglicher Grundlage bei der Einkommens- und Vermögenssteuer
Bei natürlichen Personen, die Token halten, stellt sich vorab immer die Frage, ob diese im Privatvermögen oder Geschäftsvermögen gehalten werden. Bei gewerbsmässigen Aktivitäten mit Token qualifizieren diese als Geschäftsvermögen. In diesem Fall unterliegen die Zahlungen aus Anlage-Token mit vertraglicher Grundlage der Einkommenssteuer wie auch die Gewinne aus der Veräusserung von Token. Hinzu kommt die Pflicht, darauf die Sozialversicherungsabgaben abzurechnen.
Werden Token im Privatvermögen gehalten, handelt es sich beim Verkaufserlös um steuerfreien Kapitalgewinn. Zahlungen aus Anlage-Token mit vertraglicher Grundlage sind hingegen steuerbar und unterliegen der Einkommenssteuer. Dies gilt auch bei einer allfälligen Rückzahlung des ursprünglich investierten Betrages. Sämtliche erhaltenen Zahlungen sind grundsätzlich zum Tageskurs in Schweizer Franken umzurechnen und in der Steuererklärung anzugeben. Zur Umrechnung kann entweder der effektiv angewendete Wechselkurs oder der Kurs einer der etablierten Online-Plattformen wie coinmarketcap.com verwendet werden.
Token unterliegen bei natürlichen Personen der Vermögenssteuer. Wie beim übrigen Privatvermögen ist für die Bewertung von Token der Verkehrswert per Jahresende relevant. Sofern die ESTV in ihrer Kursliste den Steuerwert einer konkreten Kryptowährung publiziert hat, ist dieser Wert massgebend. Ansonsten ist der Jahresendkurs der benutzten Online-Plattform zu verwenden.
Stempelabgaben bei Anlage-Token mit vertraglicher Grundlage
Die Ausgabe von Anlage-Token mit vertraglicher Grundlage unterliegt nicht der Emissionsabgabe, da es sich dabei nicht um Beteiligungsrechte an einer Gesellschaft handelt. Bei der Übertragung von Anlage-Token mit vertraglicher Grundlage fällt auch keine Umsatzabgabe an. Somit unterliegen die Anlage-Token mit vertraglicher Grundlage keinen Stempelabgaben.
Mehrwertsteuer bei Anlage-Token
Die Ausgabe von Anlage-Token gegen Entgelt ist von der MWST ausgenommen und es besteht keine Optionsmöglichkeit zur freiwilligen Versteuerung. Die Gesellschaft muss somit keine MWST bezahlen. Da es sich um ausgenommenen Umsatz handelt, kann die Gesellschaft jedoch auch keine Vorsteuern im Zusammenhang mit der Ausgabe der Token zurückfordern. Dies gilt auch für die Vorsteuer auf dem Bezug von Dienstleistungen auf dem Ausland, auf welchen die MWST abzurechnen ist (Bezugssteuer).
Der Erlös aus dem Handel mit Anlage-Token mit vertraglicher Grundlage durch den Emittenten ist ebenfalls von der MWST ausgenommen.
Sofern der Emittent bei der Übertragung der Anlage-Token eine im betreffenden Smart Contract festgelegte Transaktionsgebühr erhält, kann eine elektronische Dienstleistung vorliegen. Die Transaktionsgebühr unterliegt diesfalls der MWST, sofern der Leistungsempfänger – der verkaufende Token-Inhaber – seinen Sitz in der Schweiz hat. Im Gegenzug kann die Gesellschaft damit zusammenhängende Vorsteuern zurückfordern. Kann die Gesellschaft den Sitz der Token-Inhaber aus technischen Gründen nicht ermitteln, kann allenfalls annäherungsweise festgestellt werden, inwiefern Token-Inhaber Sitz in der Schweiz haben. Dies sollte mit der ESTV im Rahmen eines Steuerrulings geregelt werden.
Der Inhalt dieses Newsletters stellt keine rechtliche oder steuerliche Beratung dar und darf nicht als solcher verwendet werden. Bei weiteren Fragen zu diesem Thema stehen Ihnen unsere Steuerexperten und Rechtsanwälte gerne zur Verfügung.