Non-fungible token (NFT) – Rechtliche und regulatorische Erwägungen

Non-Fungible Tokens (NFTs) erfreuen sich immer grösserer Beliebtheit und Verbreitung. Im Crypto Valley in der Schweiz entstehen immer mehr Startups, die sich mit der Entwicklung und dem Handel mit NFTs oder der Beratung rund um NFTs beschäftigen. Es bestehen jedoch noch einige rechtliche und regulatorische Fragen – sowohl für die Entwickler als auch für die Anwender – die wohl noch Jahre der Klärung benötigen.

| Christian Maeder, Alexandre Jann

Letzte Woche hat Justin Biber ein Bild aus der Bored Ape Yacht Club Kollektion in der Form eines non-fungible Tokens (NFT) für rund 1.3 Millionen Dollar gekauft. Ein paar Wochen früher konnte man während ein paar Minuten 6‘776 von den Australian Open herausgegebene Art Ball AO NFTs kaufen, die alle sofort ausverkauft waren. Diese Token sind mit einem kleinen Quadrat eines virtuellen Courts, sowie mit Live-Match-Daten verbunden in dem Sinne, dass jeder siegreiche Matchball eines der 600 Spiele, der auf einem Quadrat aufprallte, den Wert des entsprechenden NFT erhöhen. Der Eigentümer des NFTs, auf dem Nadal’s Winner landete, konnte sich jedenfalls einer exorbitanten Wertsteigerung erfreuen.

NFTs haben aber bereits letztes Jahr mehrfach für mediales Aufsehen gesorgt. Das NFT des Bildes Everydays: The First 5,000 Days vom Künstler Beeple wurde von Christie’s für über USD 69 Millionen  verkauft, wobei es sich technisch gesprochen bloss um einen elektronischen Datensatz handelt, der einem jpeg-Bild entspricht. Jemand anders kaufte ein ca. 8 Sekunden dauerndes Video vom gleichen Künstler für USD 6.6 Mio. Wohlgemerkt ein Video, dass jeder selber gratis auf YouTube sehen kann. Inzwischen werden jede Woche NFTs im Wert von Hunderten von Millionen Dollar über Plattformen wie OpenSea, Rarible und Nifty gehandelt.

NFTs sind im Mainstream angekommen (auch wenn die Suche des Begriffs NFT beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum keinen Treffer erzielt). Die Gründe für die Beliebtheit von NFTs sind vielfältig. Häufig handelt es sich um Sammeltrieb, Spekulation oder Status (ich besitze den ersten Tweet von Jack Dorsey). Daneben gibt es auch ganz pragmatische Gründe, vorausgesetzt die Technologie hält, was sie verspricht: nämlich eine Vereinfachung, Verschnellerung und/oder Erhöhung der Sicherheit für die Übertragung gewisser Rechte oder Güter, sowie eine Neuverteilung der Verkaufserlöse im Kunst- und Musikmarkt. Aber auch im alltäglichen Leben halten NFTs langsam Einzug. So haben in den USA einige Restaurants damit begonnen, NFTs für Reservierungen zu nutzen. Wer Forbes NFTs kauft, erhält einen werbefreien Zugang zu ihren Produkten. Die neuen Smart-TVs von Samsung sollen NFT-tauglich werden. Wie auch immer man zu NFTs steht, es lohnt sich, diese Entwicklung aufmerksam zu verfolgen, um die neuen (geschäftlichen und rechtlichen) Möglichkeiten, die die NFTs eröffnen, nicht zu verpassen und die damit verbundenen Risiken zu verstehen.

Was ist ein NFT resp. was erwirbt man eigentlich beim Kauf?

Ein NFT ist ein auf der Blockchain verankerter, unbestreitbarer Nachweis für die Echtheit und das Eigentum an einem individuellen kryptographischen Token, der selber mit einem (im Moment noch typischerweise digitalen) Gut über einen Link verknüpft ist. Es kann sich aber auch um physische oder immaterielle Güter aus der „realen Welt“ handeln. Der Kreis der möglichen Verknüpfungen ist praktisch unbegrenzt, konzentriert sich zur Zeit aber vornehmlich auf Kunstwerke, Gaming Utensilien, Musikdateien, Videos, Tickets oder Immobilien (resp. Beteiligungsrechte, welche sich auf Immobilien beziehen).

Die mit einer NFT verbundene digitale Datei wird in der Regel nicht auf der Blockchain gespeichert, sondern off-chain auf einem Server oder in einem Netzwerk. Man erwirbt also nicht das CryptoKitty-Bild, dass man auf der NFT Plattform zum Kaufen angeklickt hat, sondern bloss einen Eigentumsnachweis, sowie den Link zur Webseite, auf der das Kätzchen gespeichert ist.

Wie alle Tokens muss auch ein NFT zuerst erstellt resp. „gemintet“ werden. Jeder kann einen NFT auf den spezialisierten Plattformen ohne technische Vorkenntnisse kreieren. Beim Minten weist die (bspw. auf einer NFT Plattform verwendete) Software dem NFT eine Identifizierungsnummer, die TokenID, zu und versieht den NFT mit Metadaten wie Name, kurze Beschreibung des verknüpften Werkes, Informationen zu seiner Ausgestaltung, Eigentums- und Transaktionsgeschichte und der Ort, wo sich das digitale Werk befindet  resp. der Hashwert des Werkes.  

NFTs enthalten in der Regel einen sogenannten Smart Contract, ein Computercode, welcher automatisch gewisse Handlungen ausführt, sobald vordefinierte Bedingungen erfüllt sind.

Dank der verwendeten Software, sind sämtliche dieser Informationen unveränderbar und können nicht gelöscht oder durch einen anderen Token dupliziert werden. Dadurch wird beispielsweise die Herkunft automatisch lückenlos dokumentiert, und zwar von der Adresse, von der der NFT gemintet wurde, über sämtliche Wallets, die ihn einmal aufgenommen haben, bis hin zum aktuellen Eigentümer.

Ein NFT ist somit eine Spezialform eines Tokens. Im Gegensatz zu anderen Token ist ein NFT wie sein Name sagt „non-fungible“ oder nicht vertretbar/ersetzbar. Ein NFT ist einzigartig. Bei einer sogenannt vertretbare Sache wird deren Wert nach Zahl, Mass oder Gewicht bestimmt, wodurch sie ohne weiteres, und von allen im Markt akzeptiert, mit einer anderen Sache gleichen Typs ersetzt werden kann (bspw. Geld, Kryptowährungen, gewöhnliche utility tokens oder Benzin). Ein NFT ist hingegen mit Merkmalen ausgestattet, die es – wohlgemerkt in der digitalen Welt –einzigartig werden lassen.

Um ein NFT kaufen, halten und übertragen zu können, muss man eine Wallet haben, welche das NFT Format unterstützt.  

Die genaue Ausgestaltung und die Funktionalität eines NFT hängen, wie bei allen Tokens, vom verwendeten Programmierstandard ab. Die meisten Token verwenden im Moment einen der vielen, von Ethereum entwickelten ERC-Standard. Während gewöhnliche, fungible Token grundsätzlich im ERC-20 Format (Token Standard) programmiert sind, wurden die NFTs dank dem ERC-721 Format (Non-fungible Token Standard) erst geschaffen. Vorher war es nicht möglich gewesen, einem Token eine eigene, digitale Identität zu verschaffen. Indem er aber digitales Eigentum sicher und unbestreitbar mittels TokenID darstellen kann, hat der ERC-721 Standard eine neue Vermögensklasse geschaffen. Zudem können ERC-20 (in Dezimalwerte) aufgeteilt werden, wohingegen ERC-721 unteilbar sind. Ein Beispiel für die Anwendung des ERC-721 Standards ist der POAP Smart Contract („Proof-of-Attendance-Protocol“) der es Eventorganisatoren erlaubt, den Teilnehmern von virtuellen oder physischen Events einzigartige NFTs als Beleg für die Teilnahme zukommen zu lassen. Auch bei allen Ländern und anderen virtuellen Gegenständen der Metaverse Decentraland und Sandbox handelt es sich um NFTs basierend auf dem ERC-721 Standard.

Das neuere ERC-1155 Format (Multi Token Standard) kann im Unterschied zum gemeinhin als “Goldstandard” bezeichneten ERC-721 Format die NFTs billiger und energieschonender produzieren und übertragen, verbraucht auf der Blockchain weniger Speicherkapazitäten (ERC-721 braucht einen separaten Smart Contract für jeden NFT, während ERC-1155 mit dem gleichen Smart Contract mehrere NFT programmieren oder übertragen kann). Zudem unterstützt das Format fungible Token und NFTs, so dass man bspw. gleichzeitig eine Zahlung in Kryptowährung und einen NFT-Transfer auslösen kann. Eine weitere Neuheit ist die Fähigkeit, NFTs zurückzuholen, welche an eine falsche Adresse geschickt wurden.  

Für Kryptohistoriker interessant: die eigentlichen NFT Pioniere, die berühmten CryptoPunks, wurden noch ohne ERC Standard gebaut. Da Smart Contracts unabänderbar der Blockchain überlassen werden, können die Hersteller ihre CryptoPunks nicht mehr auf den ERC Standard nachrüsten.

Welches Problem lösen NFTs?

Herkunft, Eigentum, Status. Wie eingangs erwähnt, fragen sich viele Menschen, wie Token im Internet überhaupt ihr Geld wert sein können – vor allem, wenn viele von ihnen nur das „Eigentum“ an einem jpeg-Bild repräsentieren, von dem jeder eine Kopie kostenlos herunterladen und massenweise reproduzieren könnte. Bis anhin waren digitale Dateien unendlich reproduzierbar und untereinander austauschbar. Die Kombination von digital und einzigartig gab es vor dem ERC-721 Standard nicht. Weil NFTs einzigartig sind, verleihen sie nun auf einmal „Echtheit“ in der digitalen Welt, die bis anhin gerade nicht mit solcher Authentizität aufwarten konnte oder wollte. Es war deshalb auch nicht möglich, jemanden als Eigentümer einer digitalen Datei zu identifizieren und ihn von jemanden zu unterscheiden, der eine einfache Kopie des digitalen „Originals“ besass. Da NFTs nicht duplizierbar sind, und der Minter die Maximalzahl einer Serie von Replikaten festlegen kann oder gar keine Serie des NFTs mintet, wird das NFT zum knappen Gut. Digitale Dateien können dadurch auch Statussymbole werden (früher hatte man signierte LPs, heute besitzt man das Original eines Kings of Leon Albums, sozusagen vom Künstler selber digital signiert).

Handel. Sobald Eigentumsverhältnisse eines Gutes gesichert sind, entsteht auch ein Handel. NFTs haben den Handel von Gütern ermöglicht, für die es vorher keinen Markt gab. Im Lizenz- oder vielleicht einmal auch im Immobilien- und Hypothekenumfeld, könnten NFTs heute noch benötigte Mittelsmänner vom Wirtschaftskreislauf ausschliessen.

Urheberrechte. Der Urheber eines Werks kann nun bei jedem Weiterverkauf seines Werkes einen gewissen Prozentsatz einkassieren, ohne den Ertrag mit einer Plattenfirma oder anderen dazwischengeschalteten Akteuren teilen zu müssen. Wie gesehen, ist das Lizenzsystem momentan noch unklar geregelt und technisch noch nicht so ausgereift, wie das oft in den Medien kolportiert wird.

Branding. NFTs können Zugang zu exklusiven Events, Clubs oder Merchandise geben oder den direkten Austausch mit einem Künstler oder Sportler erlauben. Brands können gewisse Produkte an sämtliche NFT-Besitzer schicken und so einen Hype starten oder ein Produkt testen.

Hauptrisiken beim Erstellen oder Kauf von NFTs

Keine Vorabklärungen. Im Idealfall hat der Künstler selber sein Werk gemintet, oder eine andere Person, welche unbestritten das Recht zum Minten erworben hat. Dies muss aber nicht immer der Fall sein. Um mögliche komplexe Rechtsfragen zu vermeiden, sollte man sich insbesondere folgende Fragen stellen, bevor man einen NFT mintet oder kauft:

Als Minter:

  • Bin ich ermächtigt, den NFT zu kreieren oder verletze ich dabei Rechte Dritter? Wie real ist mein Risiko im Falle einer Verletzung?
  • Welche Rechte, wenn überhaupt, will ich dem Käufer mitübertragen? Entspricht der Smart Contract meiner Vorstellung und weist er in klarer Weise die jeweiligen Rechte zu? Was gilt bei einem Widerspruch mit den AGBs der Plattform? Was gilt / ist möglich bei einem Transfer des NFT auf eine andere Blockchain? Was passiert bei einem Fork?
  • Welcher ERC-Standard ist am besten auf meine Wünsche ausgerichtet? Wie sind meine Lizenzrechte bei Weiterverkäufen am Besten geschützt?
  • Wie ist mein NFT regulatorisch zu qualifizieren und finden allenfalls finanzmarktrechtliche Lizenz- oder Bewilligungspflichten Anwendung?

Als Käufer:

  • War der Minter ermächtigt, den NFT zu kreieren? Falls nicht, bin ich geschützt in meinem Erwerb oder könnte sich ein Dritter gegen mich wenden? Selbst beim Kauf direkt vom Urheber, stellt sich die Frage, ob (i) dieser noch das Recht, NFTs zu erstellen besass, oder ob er dieses Recht an einen Dritten abgetreten hat, und ob (ii) sein Werk selber Urheberrechte Dritter beeinträchtigt.
  • Welche Rechte erwerbe ich, Eigentum, Lizenzrecht zum privaten oder auch kommerziellen Gebrauch? Was gilt bei einem Transfer auf eine andere Blockchain, bei einem Fork?
  • Verwendet der NFT URL oder IPFS als Ortsbestimmer (dazu gleich mehr im nächsten Paragraph)?
  • Genügt der verwendete ERC-Standard für meine Zwecke (kann ich z.B. meinen NFT staken)?

Da es sich dabei zum Teil um eine neue Form des Gebrauchs handelt, ist die Antwort darauf womöglich (in zum Teil Jahre zurückliegenden Verträgen) nicht immer klar geregelt.

So stellt sich die Frage, ob das Minten gleichgesetzt wird mit dem (urheberrechtlich geschützten) Erstellen einer Kopie, oder ob es sich bloss um einen ein Link zum geschützten digitalen Werk handelt. Eine andere Frage betrifft das Minten von öffentlich zugänglichen Werken, deren Schutz seit langem abgelaufen ist.

Das anwendbare Recht dürfte nicht immer Schweizer Recht sein. Eine Vorstellung der momentanen Unsicherheit gibt auch der Umstand, dass gewisse AGBs den Käufer etwas weltfremd bestätigen lassen, dass er die Smart Contracts, das ERC-Format, sowie die Speicherart (URL oder IPFS) abgeklärt hat und die Plattform, sowie den Verkäufer (sic!) von jeglicher Haftung für fehlende Rechte des Minters oder Verkäufers befreit.

Probleme mit dem Link. Viele NFTs verwenden den Ortsbestimmer URL, um Daten irgendwo im Internet zu finden. Häufig wird der Server der Website, auf welche der Link des NFT verweist, zentral von einer einzigen Partei kontrolliert. Funktioniert die Website aus irgendeinem Grund nicht mehr, verläuft der Link des NFT ins Leere. Abgesehen davon, dass die durchschnittliche Lebensdauer einer Website bloss ca. 30 Jahre beträgt, besteht die Gefahr, dass:

  • der  Eigentümer der Domain die URL umleitet, so dass sie auf etwas anderes verweist;
  • der Eigentümer der Domain seine Hostingrechnung nicht bezahlt;
  • die NFT Plattform vom Netz verschwindet;
  • die Webseite angegriffen wird oder der Server der Domain zusammenbricht;
  • die Domain ausläuft.

Eine beträchtliche Verringerung dieses Risikos wird durch die Verwendung vom Inter Planetary File System (sic!), kurz IPFS, erreicht. IPFS ist ein dezentrales Dateispeichernetzwerk und wird nicht von einer einzigen Partei kontrolliert. Zudem ist es ein content-basiertes System und nicht  ein Domain/ortsbezogenen Systems wie URL. D.h. es kann jede mit einer IPFS-Adresse versehene Datei im ganzen IPFS-Netzwerk identifizieren und sucht nicht nur in einer bestimmten Domain. Erreicht wird dies durch die Zuweisung eines kryptografischen Hashwerts, der als Adresse für jede gespeicherte Datei verwendet wird. Solange also die Datei noch irgendwo im Netz vorhanden ist, wird sie gefunden. Darüber hinaus kann es die Bewegungen von Daten im Netzwerk nachverfolgen. Schliesslich gibt es das Arweave Protokoll, bei der die Datei auf einem dezentralisierter Hard Drive gegen eine Gebühr (gemäss Eigenreklame permanent) registriert wird. Jedenfalls wird ein vorsichtiger Käufer prüfen, ob sowohl der Künstler, als auch die Website, auf der das digitale Werk gehostet wird, seriös sind.

Unilateraler Plattform-Entscheid. Es wird viel und gern betont, dass ein NFT unveränderbar ist. Die Unveränderbarkeit des NFT büsst aber an Attraktivität ein, wenn er gar nicht mehr sichtbar ist. Genau dieser Fall kann jedoch eintreten, behalten sich doch viele AGBs von Plattformen das Recht vor, den Link zu blockieren oder zu entfernen.

Speicherung/Wallet. Im Moment zumindest benötigt man eine spezialisierte Plattform, um einen NFT zu kreieren oder zu handeln. Sollte aus irgendeinem Grund die Plattform nicht mehr vorhanden sein oder von den Behörden geschlossen werden, kann der NFT verloren gehen. Um ein NFT zu erwerben und darüber verfügen zu können, benötigen man wie bei allen Tokens ein Wallet. Nicht alle Wallets können NFTs aufnehmen, so dass man sich diesbezüglich vor einem Kauf vergewissern muss.

Interoperabilität. Solange keine Bridge zwischen zwei Blockchains existiert, kann ein NFT grundsätzlich nicht auf eine andere Blockchain übertragen werden. Wie gesehen, funktionieren gewisse Smart Contract Funktionen auf einer andern Blockchain nicht mehr.

Fork. Wenn die Betreiber einer Blockchain, auf der ein NFT eingetragen ist, das Protokoll ändern, kann es sein, dass zwei alternative Blockchains nebeneinander bestehen mit dem Resultat, dass der “einzigartige” NFT auf beiden Blockchains weiterexistieren könnte. Was in einem solchen Fall geschieht  resp. welche Entscheide die Betreiber fällen werden, ist wie es scheint noch nirgends klar geregelt. Je nach Entscheid ist es somit denkbar, dass zwei NFTs auf das gleiche Objekt verweisen oder dass nur noch ein NFT einen funktionierenden Link aufweist (der „alte“ oder der auf der neuen Blockchain?).

Unklare Regelung der Urheberrechte. Wenig bekannt und im ganzen Hype oft nicht erwähnt wird der Umstand, dass der Erwerb des Eigentums an einem NFT nicht automatisch die Urheberrechte am zugrunde liegenden Werk beinhaltet.

Üblicherweise stellen die ABGs fest, dass man den NFT zu Eigentum erwirbt, weisen aber darauf hin, dass die Urheberrechte am zugrunde liegenden Werk nicht mitübertragen werden. Das Recht zum privaten Gebrauch wird nur als Lizenzrecht gewährt. Solche Lizenzen sind auf den persönlichen, nichtkommerziellen Gebrauch begrenzt (ansehen/hören, kopieren, aufführen, ausstellen). Je nach dem kann der Käufer des NFT somit das jpeg-Bild nur für den persönlichen, nichtkommerziellen Gebrauch reproduzieren. Bisweilen wird der kommerzielle Gebrauch erlaubt, aber meist begrenzt auf bestimmte Maximalleinnahmen pro Jahr.

Nicht mitübertragen werden meist das Recht, das Material zu verändern, zur Bewerbung von Drittprodukten zu verwenden oder sogar das Recht, das Material in einem Video oder in einem anderen Medium zu gebrauchen. Somit kann der Käufer je nach dem seinen NFT nicht einmal in einem Youtube-Beitrag verwenden oder auf Twitter damit angeben.

Um zu wissen, welche Rechte man erwirbt, kommt man nicht umhin, in mühsamer Detektivarbeit die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Plattform, die AGBs der Website des NFT Herstellers, sowie die im NFT selber festgelegten Bedingungen des Smart Contracts zu prüfen.

Gewisse NFT enthalten eigentliche Lizenzverträge oder genauer gesagt, die automatische Ausführung der üblicherweise in solchen Verträgen festgelegten Geldflüsse. So kann der Minter den NFT derart programmieren, dass er die Eigentumswechsel verfolgt und ab dem zweiten Weiterverkauf 10% des Verkaufspreises an seine Wallet als Gebühr überweist. Wie die restlichen Daten des NFT können die Smart Contracts von niemandem gelöscht oder geändert werden. Man spricht in diesem Zusammenhang deshalb auch von trustless environment. Es ist deshalb wichtig, vor dem Kauf solche Rechte abzuklären, damit man die Lizenzgebühren einpreisen kann und nicht überrascht wird, wenn ein beträchtlicher Prozentsatz des Verkaufspreises an eine unbekannte Wallet (z.B. des Künstlers) abgezweigt wird. Zudem erheben die Plattformen jeweils auch eine Gebühr. Bekannt sein dürfte, dass jede Transaktion „Gas“ kostet, d.h. die von der Blockchain selber erhobene und an die Validatoren weitergeleitete Transaktionsgebühr.

Das EU-Recht kennt bereits dieses Prinzip der unbegrenzten Lizenzgebühren bei Zweitverkäufen. Die Schweiz hat dieses Prinzip immer wieder verworfen. Wie es scheint, wird dieser Schweizer Alleingang dank NFTs obsolet werden und das Lizenzrecht auch für Schweizer Künstler durchsetzbar werden.

Es wird momentan diskutiert, wie das Lizenzsystem für Verkäufe ausserhalb der Blockchain funktionieren könnte (z.B. indem Verkäufe off-chain auf der Blockchain verfolgt werden und der Lizenzgeber automatisch benachrichtigt wird, so dass er sein Recht off-chain direkt beim Verkäufer einfordern kann). Aber das in der Kryptosphäre im Moment am meisten diskutierte Problem ist die Tatsache, dass die Smart Contracts der bisherigen ERC-Standards die programmierte automatische Weiterleitung der Lizenzgebühren an den Künstler nur auf der Blockchain, auf welcher der NFT gemintet worden ist, sicherstellen kann. Diese Funktion kann mithin nicht immer zwischen verschiedenen Plattformen übertragen werden. Ein Käufer kann deshalb seinen NFT auf eine andere Plattform verschieben, und dabei die vom Smart Contract vorgesehen Teilung des Verkaufserlös mit dem Künstler umgehen.

Für das Funktionieren der Lizenzgebühren ist die Interoperabilität zwischen den Plattformen jedoch von zentraler Bedeutung, da es nicht darauf ankommen kann, auf welcher Plattform ein NFT verkauft wird. Dieses Problem wollte das ERC-1190 Format lösen, welches spezifisch auf komplexere Urheber- und Lizenzrechtsvereinbarungen ausgerichtet war. Es scheint sich aber das Format ERC-2981 durchzusetzen. Doch auch dieser Standard ermöglicht bloss die Identifikation der lizenzpflichtigen Transaktion, ist aber ausdrücklich auf die Mitarbeit der jeweiligen Plattform angewiesen. Es hängt somit im Moment von den Plattformen ab, ob sich ein funktionierendes Lizenzsystem plattformübergreifend etablieren wird. Der Markt wird hier, wohl wie so oft, der Idee zum Durchbruch verhelfen.

Allgemeine Geschäftsbedingungen. Gewisse NFT Plattformen weisen darauf hin, dass mögliche Lizenzrechte an dem mit dem NFT verknüpften Material ausschliesslich durch die Erschaffer des NFT geregelt werden (d.h. durch den Smart Contract des NFT), andere schweigen sich aus. Was einfach erscheint, könnte aber zu Unklarheiten führen, wie folgende Beispiele aufzeigen:

  • Wessen AGBs gelten, wenn man einen NFT auf der Plattform A erwirbt und auf der Plattform B verkauft?
  • Was gilt, wenn die AGBs und der Smart Contract des NFT eine Frage verschieden lösen?

Gewisse AGBs werfen mehr Fragen auf, als sie klären. So gewähren die AGBs von Bored Ape Yacht Club dem Käufer die Lizenz zum persönlichen Gebrauch gebührenfrei, während bei der kommerziellen Lizenz weder die Gebührenfreiheit erwähnt, noch eine möglicherweise angewandte Lizenzgebühr ausgewiesen wird.

Interessanterweise wird die Lizenz oft als nichtübertragbar bezeichnet. Der Minter besitzt also alle Rechte und der Erstkäufer erhält eine unübertragbare Lizenz. Was bedeutet dies nun für den zweiten Käufer? Nicht immer wird in den ABGs ausgeführt, dass die Lizenz an das Eigentum des NFT gebunden ist, so dass man beim Verkauf sämtliche Lizenzrechte verliert (dafür aber implizit der neue Eigentümer wieder in deren Genuss kommt).

NFTs als asset token. Im Ausland wird seit geraumer Zeit diskutiert, ob und wann ein NFT ein Finanzinstrument resp. eine Effekte sein könnte. Auch wir sehen vermehrt Interesse der Regulatoren in diesem Bereich.

Abgesehen von ihrer Einzigartigkeit, sind NFTs mit anderen Token vergleichbar. Die von der Schweizer Finanzmarktaufsichtsbehörde FINMA angewandte Kategorisierung in Payment Token, Utility Token und Asset Token ist somit bis auf weiteres auch auf NFTs anzuwenden. Token können demnach Investitionscharakter aufweisen (und gelten als Asset Token), wenn sie:

  • physische Wertgegenstände auf der Blockchain handelbar machen oder einen Vermögenswert repräsentieren, insbesondere eine schuldrechtliche Forderung gegenüber dem Emittenten (z.B. Anteile an künftigen Erträgen oder künftige Kapitalflüsse) oder ein Mitgliedschaftsrecht; und
  • vereinheitlicht und zum massenweisen Handel geeignet sind (= in gleicher Struktur und Stückelung öffentlich angeboten oder bei mehr als 20 Kundinnen und Kunden platziert, sofern sie nicht für einzelne Gegenparteien besonders geschaffen werden; Art. 2 Abs. 1 FinfraV).

Ein NFT ist ein einzigartiger Token. Zudem kann ein ERC-721 Token nicht fragmentiert werden. Ein NFT im ERC-721 Format kann daher grundsätzlich nicht als „vereinheitlicht und zum massenweisen Handel geeignet“ qualifizieren. Das Gleiche gilt für den ERC-1155 Standard, vorausgesetzt der Token ist ein NFT. Ob das mit dem NFT verknüpfte Gut selber fungible ist oder nicht, bleibt unbeachtlich. Ein NFT sollte somit grundsätzlich nicht als Asset Token qualifizieren.

Es ist auch davon auszugehen, dass NFTs nicht zum Zweck ausgegeben werden, um als Zahlungsmittel zwischen Dritten eingesetzt zu werden (soweit nicht fragmentiert oder fragmentierbar auch praktisch kaum möglich). Daher sollten NFTs auch nicht als Payment Token qualifizieren und die Ausgabe und den Handel mit NFTs nicht der Schweizer Geldwäschereiregulation unterliegen.

Ein neues Phänomen sind die sogenannten Fractionalized NFTs (F-NFTs). F-NFTs entstehen, wen ein Smart Contract mehrere fungible ERC20-Token erzeugt, die aber alle mit einem nichtfungiblen, unteilbaren ERC-721-NFT verknüpft sind. Dazu wird zuerst ein NFT in einem Smart Contract oder vault gesperrt. Danach mintet der Smart Contract ERC-20 Tokens, die je einen Anteil am NFT repräsentieren. Der NFT kann nur aus dem vault gelöst werden, wenn jemand sämtliche ERC-20 Token einlöst. F-NFTs erlauben es einem breiteren Publikum, zumindest einen kleinen Teil eines sonst unbezahlbaren NFTs zu besitzen. Die Inhaber der F-NFTs können z.B. auch Governance-Rechte in Bezug auf die zugrunde liegenden NFTs erhalten oder der Smart Contract kann durch den NFT generierte Einnahmen an die Inhaber der F-NFTs verteilen. Wenn ERC-20 Tokens „in gleicher Struktur und Stückelung“ ausgegeben werden, stellt sich in der Tat die Frage, ob solche F-NFTs als Asset Token zu qualifizieren sind.

Da wie gesehen die Ausgestaltung der Smart Contracts sehr variieren kann, ist die Einzelfallbetrachtung unvermeidlich und sogar wünschenswert. Bis die Schweizer Finanzmarktaufsichtsbehörde (FINMA) (oder die Gerichte) klare Richtlinien erarbeiten, bleibt die Unsicherheit jedoch beachtlich und der direkte Austausch mit Behörden entsprechend wertvoll.

Ein weiteres Problem sind die verschiedenen Betrachtungen von FINMA und Schweizer Steuerbehörden, was die gegenwärtige Situation nicht einfacher macht. Bleibt zu hoffen, dass die regulatorische und steuerliche Handhabung schnell zu klaren und pragmatischen, technologieneutralen Richtlinien durchringen kann, ohne den Standort Schweiz zu überregulieren.

Schlussbemerkung

Aufgrund der unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten erwarten wird, dass sich NFTs in verschiedensten Wirtschaftszweigen durchsetzen werden. Die denkbaren Anwendungsmöglichkeiten sind praktisch unbeschränkt und die Technologie entwickelt sich laufend fort. Bis die Technologie sowie das rechtliche Umfeld jedoch ausgereift sind, ist jeder Minter oder Käufer von NFTs gut beraten, wenn er gewisse Vorabklärungen trifft, damit er sich im Klaren darüber ist, was er eigentlich mintet, verkauft oder kauft. Zudem sollten Minter und Entwickler von NFT-Projekten allfällige anwendbare Lizenz- und Bewilligungspflichten vor Ausgabe der NFTs oder Aufnahme der Geschäftstätigkeit prüfen.

Rechtlicher Hinweis: Dieser Newsletter stellt keine Rechtsberatung dar und soll nicht als Grundlage für irgendwelche Transaktionen oder Handlungen verwendet werden. Jede Haftung für die Genauigkeit, Richtigkeit oder Angemessenheit der Inhalte dieses Newsletters ist ausdrücklich ausgeschlossen.

Christian Maeder
Rechtsanwalt, dipl. Steuerexperte
[email protected]
Alexandre Jann
Attorney-at-Law, LL.M.
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